Neuer Flughafen: Mein Willy-Brandt-Test

Am Donnerstag habe ich den neuen Flughafen Berlin Brandenburg – Willy Brandt – entdeckt. Als Komparse simulierte ich mit schätzungsweise rund 500 anderen BerlinnerInnen zwei Abfertigungssituationen. Mitten im Wahlkampf hatte ich im August 2011 eine SMS von der Flughafengesellschaft bekommen, dass meine Bewerbung für einen Probetag erfolgreich war. Acht Monate später war es dann soweit – hier mein Protokoll von meinem Tag am neuen Berliner Flughafen (der Berliner Kurier berichtete am Sonntag, 15.04.2012, übrigens ganzseitig über meinen Test) am 12. April:
07:37 Uhr: Mit der S-Bahn fahre ich vom Ostkreuz zum Ostbahnhof, da der direkte Weg mit der S 9 ab Ostkreuz zum Flughafen durch die Sperrung der Ringbahn unterbrochen ist. Die S-Bahn wird später vom Ostkreuz zum neuen unterirdischen Flughafenbahnhof unter dem Hauptgebäude 32 Minuten fahren.
07:55 Uhr: Mit dem Regionalexpress geht es vom Ostbahnhof zum Flughafen Schönefeld. Nach der Eröffnung wird die Fahrt mit dem Regionalzug vom Ostbahnhof 22 Minuten zum Flughafen dauern.
08.16 Uhr: Ankunft am alten Flughafen-Bahnhof. Es ist deutlich zu sehen, dass er keine Zukunft mehr hat: Gleise, und damit auch mehrere Bahnsteige, sind bereits vom Netz abgetrennt. Und in der Unterführung sind schon einige Geschäfte, wie der Kiosk oder die Bierstube, verschwunden. Ich folge den Schildern “Schulungen/Probebetrieb”.
08:20 Uhr: Beim Schild “Rollverkehrs-Simulation” heißt es Schlangestehen.
08:44 Uhr: Endlich bin ich zum Bus vorgedrungen, der mich und die anderen 34 Komparsen meiner Tour zum neuen Flughafen bringt. Auf meinem Platz liegt eine Warnweste, ein grüner Bauarbeiterhelm und eine Flasche Mineralwasser. Los geht’s: Über die Autobahn vorbei an der neuen Bahnstrecke zum Flughafen.
08:53 Uhr: Wir passieren die Sicherheitsschleuse zum Flughafengelände. Danach fahren wir an einer Feuerwache (insgesamt gibt es drei), der südlichen Startbahn und dem Westpier vorbei. Im Bus erfahre ich nun meine erste Aufgabe: Ich soll einen russischen Passagier (Miroslaf Kryniski) simulieren, der von Moskau über Berlin nach Frankfurt am Main fliegt – kurz: Transitsimulation ohne Gepäck. Auf meiner Boardkarte von Lufthansa steht: 11 Uhr Boarding, Platz 26a und die Flugnummer LH 8011.
09.09 Uhr: Vor dem Hauptpier auf Höhe von Gate B 14 wird eine Pause eingelegt. Das Vorfeld bis zum Tower ist komplett leer – künftig werden hier im Minutentakt die Flugzeuge hin und her rollen. Insgesamt stehen jetzt 15 Busse mit Komparsen auf dem Flugvorfeld.
09:40 Uhr: Mit dem Bus geht es jetzt zur eigentlichen Simulation. Davor gibt es noch eine kleine Rundfahrt vorbei an einer weiteren Feuerwache, den Notausstiegen des Bahnhofs, dem Tower und den künftigen Hangars von Air Berlin und Lufthansa. Dann geht es zur Hauptvorfahrt des Terminals für Abflüge.
10:18 Uhr: Endlich kann ich den Terminal betreten. Er wirkt sehr hell. Der Steinboden und die Holzvertäfelungen der Inneneinrichtungen gefallen mir. Nun werden wir durch mehrere Gänge zu einem Gate geführt, an dem die Maschine aus Moskau gelandet ist. Auf dem Weg dorthin wird in allen Ecken gebaut. Kaum vorstellbar, dass in sechs Wochen bereits die Eröffnungsfeier stattfinden soll.
10:30 Uhr: Ich verlasse die Fluggastbrücke und folge den Schildern “Transfer”.
10:32 Uhr: Sicherheitscheck. Er dauert drei Minuten. Die Kiste, in die ich meine Jacke und den Inhalt meiner Hosentaschen gelegt habe, soll ich selbst zum Förderband zum Rücktransport zurückbringen. Ich gucke etwas ungläubig. Der Sicherheitsmitarbeiter sagt grinsend: “Das wird in der Praxis auch nicht funktionieren”.
10:39 Uhr: Passkontrolle. Das geht schnell und über eine noch nicht fertig gestellte Rolltreppe geht es eine Ebene höher zum Gate B 24. Hier soll das Boading um 11 Uhr starten.
11:20 Uhr: Das Boarding beginnt 20 Minuten später als geplant, da die beiden Mitarbeiterinnen am Abfertigungsschalter 15 Minuten mit der Technik kämpfen und auch etwas zu spät an ihrem Arbeitsplatz waren. Wir werden mit den Worten verabschiedet: “Auf Wiedersehen in Berlin”.
11: 35 Uhr: Ich bin “abgeflogen” und der Bus hält wieder auf dem Vorfeld zur Mittagspause. Es gibt Multivitaminsaft, ein Thunfischbrötchen sowie einen Donut und einen Apfel.
12:46 Uhr: Wir sind wieder am Terminal. Diesmal soll ich einen Fluggast auf dem Weg nach Brüssel mit Gepäck simulieren. Aus den alten Gepäckstücken suche ich mir einen schönen roten Koffer aus und begebe mich mit dem Gepäckwagen in die Haupthalle. Nach zehn Minuten in der Warteschlange bin ich zu meinem Check-In-Schalter (insgesamt sind drei geöffnet) vorgerückt. Ich erhalte meine Boardkarte und den Abschnitt für das aufgegebene Gepäck. Danach drehe ich zu Fuß eine kurze Runde durch das Terminal.
13:00 Uhr: Schlangestehen für den Sicherheitscheck. Nach zehn Minuten bin ich abgefertigt.
13:15 Uhr: Nach der Sicherheitskontrolle bin ich nach zwei Minuten Fußweg an meinem Gate angekommen. Der neue Flughafen hat kurze Wege. Von den Shoppingmöglichkeiten ist leider noch nichts zu sehen.
13:39 Uhr: Auch das zweite Boarding startet verspätet: diesmal 14 Minuten später.
13:45 Uhr: “Abflug” – ich sitze wieder im Bus. Auf meinem Platz liegt das Dankeschön für mein Komparsendasein: Ein Stoffbeutel, eine Tasse, ein Umhänge- und ein Schlüsselband, ein Gutschein für die spätere Aussichtsplattform des Flughafens, ein Wasserball, Kuli und Notizblock sowie ein Vesperbrett der Kranich-Airline.
14:02 Uhr: Mein Tag am neuen Flughafen ist zu Ende – der Bus passiert wieder die Sicherheitsschleuse.
Mein Eindruck vom neuen Flughafen: Berlin bekommt endlich einen modernen Airport (eigentlich zehn Jahre zu spät), der architektonisch an das schlichte Design der nordeuropäischen Länder erinnert. Stockholm finde ich, ist ähnlich gebaut. Starten und Landen müsste zur Eröffnung am 3. Juni auf jeden Fall funktionieren. Der Terminal-Innenausbau und die Umfeldgestaltung laufen bis dahin sicher auf vollen Touren, und wahrscheinlich wird auch nach der Eröffnung noch Einiges zu tun sein. Aber Currywurst wird es zur Eröffnung wohl schon geben. Bis dahin überlege ich mir, wohin ich vom Willy Brandt-Flughafen das erste Mal abheben werde. Willy würde sicher Oslo, Warschau oder Washington gefallen.
Die SPD-geführte Koalition steht zum neuen Großflughafen „Willy Brandt“ und wird ihm zum Erfolg verhelfen. Sie ist sich einig, dass ein Ausbau des Flughafens bei zusätzlichem Verkehrsaufkommen notwendig ist. Der Flughafen muss als internationales Drehkreuz wirtschaftlich und leistungsfähig sein. In diesem Zusammenhang sprechen sich SPD und CDU auch für eine schnelle Realisierung der Dresdner Bahn – auch für den Flughafen-Express – aus. Der neue Willy-Brandt-Flughafen gibt neue Impulse für die gesamte Berliner Wirtschaft – für Tourismus, Handel, Hotel- und Gaststättengewerbe und natürlich Baugewerbe und Industrie. Mit 1,24 Milliarden Euro sind nahezu zwei Drittel aller Vergaben an Unternehmen aus der Region gegangen. Insgesamt haben bisher mehr als 350 Berlin-Brandenburger Unternehmen vom Bau des Flughafens profitiert. 20 000 Arbeitsplätze schafft der neue Flughafen.